Von Vancouver ins Okanagan-Valley: Sommer, Wein und Interessantes über Kanada

von | Okt 20, 2022 | Allgemein | 0 Kommentare

Im Okanagan Valley, dem kanadischen Obst- und Weinbaugebiet, östlich von Vancouver, genießen wir noch eine Woche pures Sommerfeeling. Es sind tagsüber 25°C, die Sonne scheint vom blauen Himmel. Wir stehen auf einer Landzunge im Osoyoos-Lake.

Hierhin ziehen sich viele Kanadier im Winter zurück, da die Seen die Sommersonne speichern und die Winter wohl angenehm zu ertragen sind. Die Gegend ist sehr gepflegt. Überall laden Winzer stylisch zum Weinverkosten ein und als wir das auf einer Radtour auf dem Kettle Valley Rail Trail tun, fühlt es sich fast an wie in der fränkischen Weingegend. Überall sichtbar ist der Gegensatz zwischen bewässertem Land und Wüste. Ohne Bewässerung geht nichts!

Wine Village in Oliver

Jeden Tag fahren, an einem anderen Platz stehen, jeden Tag Auto aufräumen, packen, Route bestimmen, Campground suchen, fahren, ankommen, Auto richten, Essen machen und dazwischen ganz viel schauen und fotografieren ist erstaunlich anstrengend. Das Hirn hat viel zu verarbeiten.

Deshalb sind wir diese Woche sehr faul, schauen auf den See und sortieren uns.

Wir bereiten unsere Weiterfahrt vor. Denn danach reisen wir in die USA ein. Vorher möchten wir gerne ein paar Sätze über Kanada im Allgemeinen erzählen. Themen, die uns interessiert haben und die uns vor unserer Reise gar nicht so bewusst waren.

Urlaub in Kanada

Kanada ist ein Land, das sich nicht sehr fremd für uns anfühlte. Es ist alles sehr groß, sehr weit, aber für uns vertraut. Okay, wir waren schon etliche Male in den USA und haben uns da schon daran gewöhnt. Aber die sichtbare Kultur entspricht sehr der unseren.

Camping ist wunderschön, wenn man Natur mag. Überall gibt es National Parks oder Provinz-Parks, in denen man für wenig Geld (ca. 15,- bis 25,- €) auf sehr schönen, großzügigen Plätzen stehen kann. Oft sind diese an einem der vielen Seen oder Flüssen gelegen. Immer gibt es eine Feuerstelle, oft wird Feuerholz vor Ort verkauft. Es gibt einfache, aber ordentliche Toiletten. Oft haben wir uns gesagt: Hier ist es so schön, hier wollten wir „für immer“ bleiben.

Nachteil: die meisten Plätze sind abseits. Aus diesem Grund ziehen die Kanadier ein Auto hinter ihrem Wohnmobil her, bzw. haben Camping-Anhänger und gehen dann mit dem Auto auf Entdeckungs-Reise. Diese Möglichkeit haben wir leider nicht. Mit dem Fahrrad kommen wir im Normalfall auch nicht sehr weit. Und so sitzen wir manchmal regelrecht fest.

Camping-Plätze, die privat geführt werden, sind meist ordentlich. Die Restrooms stammen allerdings oft „gefühlt“ aus den 50iger Jahren. Es gibt keine Restaurants oder Brötchenservice (den wir in Frankreich sehr geliebt haben). Sie liegen oft weit am Rande der Städte.

Wir haben selten frei gestanden. Weil es einfach die tolle Infrastruktur gibt, für die wir auch gerne bezahlt haben. Auch ist uns aufgefallen, dass selbst junge Reisende im Auto auf den Nationalpark Campgrounds übernachtet haben.

Die Landschaft ist außerhalb der Ballungsräume für uns ungewohnt und angenehm menschenleer. Das machte für uns den Reiz aus: Großartige Landschaften, wenig Menschen, viel Platz und Infrastruktur.

Am Dempster Highway

Hier kommen ein paar Fakten über Kanada:

Kanada ist das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde nach Russland und hat eine Einwohnerzahl von 39 Millionen, die weiterwächst. Das ist im statistischen Mittel eine Bevölkerungsdichte von 3,5 Personen/km². Die Bevölkerung verteilt sich allerdings sehr ungleich. Denn 2/3 der Bevölkerung leben in den urbanen Ballungszentren Quebec und Ontario, bzw.  72 % der Bevölkerung leben in einem 150 km breiten Streifen, der an die USA grenzt. So leben im riesigen Rest des Landes nur wenig Menschen.

Übrigens die 8.800 km Grenze zur USA ist die längste unverteidigte Staatsgrenze der Welt. Kanada und USA pflegen eine angenehme Nachbarschaft. Das Land erstreckt sich vom Atlantik bis an den Pazifik und hat nur 2 Außengrenzen. Zu den USA und zu Grönland (das zu Dänemark gehört).

Regierung:

Kanada ist eine föderale, parlamentarische Demokratie und eine parlamentarische Monarchie mit dem englischen König als Straatsoberhaupt. Dieser wird vertreten durch den Generalgouverneur. Erst 1982 wurde Kanada voll souverän, erreicht durch den Vater des heutigen Premierministers, Pierre Trudeau. Durch diese Zugehörigkeit entsandte Kanada Truppen in den 1. und 2. Weltkrieg. Es gibt 10 Provinzen und 3 Territorien, ähnlich unseren Bundesländern. Kanada gehört zu den wohlhabendsten Ländern der Welt, Platz 25.

Die Bevölkerung ist sehr bunt gemischt (Einwanderungsland). Neben 5 % Angehörigen der First Nation Völker, leben hier Europäer der diversen Einwanderungswellen. Auch heute noch sichtbar vor allem die Engländer und Franzosen, die hier seit Beginn der europäischen Besiedelung um Vormacht kämpfen. Weiterhin kamen Menschen aus Irland, Deutschland, der Ukraine, Russland, daneben Inder, Syrer, Chinesen. – Alle Gruppen bleiben im Privaten getrennt für sich. Die Freundeskreise, die wir auf den Campgrounds beobachtet haben, waren fast immer in sich geschlossen.

Das Land hat große Vorkommen an Rohstoffen. Es hat z.B. die drittgrößten Erdölreserven der Welt, außerdem Erdgas, Holz, Kohle, Gold, Uran, Zink, Schwefel, Asbest, Aluminium, Blei, Kohle, Kupfer. Es hat 10 % des weltweiten Waldbestandes und beherbergt einen guten Teil des gemäßigten Regenwaldes.

Ancient Forest National Park

Eiszeitlich bedingt gibt es 2 Millionen Seen in Kanada und das ist auch eine der Haupt-Attraktionen hier. Seen, riesengroße und kleine, Flüsse, Flussbetten, Bäche.

Boya Lake

Kanada liegt auf dem letzten Platz des pro Kopf CO² Ausstoß von 30 untersuchten Industriestaaten. Das ist hier auch überall deutlich zu sehen, zu hören, zu spüren. Die Autos sind riesig, laufen oft unnötig im Stand, verbrauchen große Mengen an Treibstoff. Kanada hat natürlich auch eigene große Energievorräte. Und ja, der Winter ist lang und kalt.

Der Strom kommt zu 65 % aus Wasserkraft, 15 % aus Kern-Energie, ca. 20 % aus diversen Quellen.

Grand Coulee Dam in USA, Washington, das größte Wasserkraftwerk der USA, das auch Kanada beliefert.

Das höchste der Gefühle beim Thema Müllvermeidung sind spezielle Müll-Eimer für die Aludosen. Alles ist verpackt und alles wird weggeworfen. Selbst der Kaffee im Restaurant wird im Plastik/Pappbecher gebracht, das Bier in der Aludose.

Auf den großen Grundstücken auf dem Land kann man alle Autos des Besitzers bewundern, die er jemals besessen hat. Der Schrott verteilt sich weithin gut sichtbar. Das kennen wir auch aus USA.

Als eifrig umweltbewusste Deutsche sind wir da schon echt frustriert und fragen uns, was unsere (deutsche) Wirkung auf das Große und Ganze ist.

Die Menschen sind sehr offen und freundlich und stolz Kanadier zu sein. Die meisten, mit denen wir gesprochen haben, hatten Kontakte jedweder Art nach Deutschland.  Wir fühlten uns sehr sicher auf der ganzen Reise.

Die Landschaften sind überall großartig, vielseitig und außerhalb der Ballungszentren unglaublich leer. Im Yukon zum Beispiel, der Teil Kanadas den die meisten Deutschen bereisen, leben ganze 43.000 Menschen und davon 28.000 in der Hauptstadt Whitehorse und in der Stadt mit der zweithöchsten Bevölkerung, Dawson City, ganze 1600. Das heißt, der Rest des weiten Landes ist praktisch menschenleer.

Das man nur beim Autofahren jede Menge spektakuläre Tiere sehen könnte, haben wir nicht erlebt. Einen Spätnachmittag allerdings haben wir auf einer mittelstark befahrenen Straße nacheinander 13 Schwarzbären beim Beerensammeln gesehen.

Die spektakulärste Tierbeobachtung war ein schwimmender See-Adler, der beim Fangen eines Seetauchers (Loon) im Wasser gelandet war und bis ans Ufer mit der Beute schwimmen musste. Dort wurde dem tropfnassen und erschöpften Adler auch noch die Beute von einem anderen See-Adler abgejagt. – Die Kamera hatten wir leider nicht zur Hand.

Was ist uns aufgefallen

Alkohol wird nur in staatlich organisierten Liquor Stores verkauft. Kanada hat als erstes Industrieland Cannabis 2018 legalisiert. Die Läden sehen aus wie Apotheken, werden (gefühlt!) stark beworben und überall riecht es danach.

Kanada hat viel Platz und macht das Einwandern wohl einigermaßen einfach möglich. – Wir haben jedenfalls etliche junge Deutsche getroffen, die ihren Lebensmittelpunkt nach Kanada verlegt hatten. Überhaupt: Wenn wir in diesem ersten Nach-Corona-Jahr andere Reisende getroffen haben, dann waren es Deutsche und Schweizer.

Jeden Tag unserer 3einhalb Monate in Kanada haben wir uns darüber gefreut, was wir sehen durften und waren dankbar das erleben zu dürfen.

Fazit: Ein tolles Land für Naturliebhaber und Outdoor-Freaks.

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