Über den Polarkreis ans Polarmeer: Taiga, Tundra und wilde Straßen

von | Sep 7, 2022 | Allgemein | 1 Kommentar

Wir fahren von Tok in Alaska  nach Dawson City in Kanada. Auch hier erwartet uns Weite und einsame Straße. Nach dem Grenzübertritt nach Kanada heißt der Highway Top-of-the-World und wir finden, es fühlt sich tatsächlich an, wie Top of the World.

Wir suchen uns einen Stellplatz und genießen die Abendsonne bis 23.00 Uhr.

Vor Dawson überqueren wir den Yukon per Fähre. Ganz pragmatisch wird der Fährausleger auf die matschige Straße gelegt. Eine Brücke lohnt sich nicht, da der Yukon im Frühjahr wegen der Eisschollen eine Brücke zerstören würde.

Die Fähre nach Dawson über den Yukon
Der Yukon bei Sonne

Dawson mit ca. 1400 Einwohnern, übrigens die zweitgrößte Stadt der Provinz Yukon Territory (Gesamteinwohner 43.000), ist ein kleines nettes Städtchen mit Kaffee, Eisdiele, Burger-Restaurant, Buchladen und einem witzigen Lebensmittelladen. Wir stehen auf einem Campground mitten im Ort und können zu Fuß alles erleben, was die absolute Seltenheit auf unserer Reise ist. Denn meist stehen wir sehr abseits der Städte und können uns nicht bewegen.

Dahinter verbirgt sich ein Geschäft, das wirklich alles! hat.

Dawson war übrigens das Zentrum des Klondike-Goldrauschs 1896 bis 1899 und hatte damals 40.000 Einwohner, sprich Goldsucher. Wir fragen uns, wieviele davon wirklich langfristig vermögend wurden? Was machte denn ein Glückspilz, wenn er denn Gold gefunden hatte? – Hinter dem nächsten Felsen wurde ihm der Schädel eingeschlagen und das Gold hatte jemand anderes. – Uns fällt eine Börsenweisheit ein: „Im Goldrausch verkaufe Schaufeln“ – das ist weniger anstrengend und macht genauso reich, wie man hier in Dawson sehen kann. Die diversen Etablissements der Stadt haben den Goldsuchern das Geld/Gold wieder aus der Tasche gezogen.

Heute noch gibt es Minengesellschaften, die mit großem Gerät Gold schürfen. Viel Gegend wurde und wird noch dafür umgekrempelt, wie man hier sieht.

Abraum der Goldbagger am Klondike

Nach intensiver Recherche und einem Besuch des Visitor-Center für die Northern Territories beschließen wir die 880 km bis zum Polarmeer nach Tuktoyaktuk zu fahren und dabei den Polarkreis zu überqueren – „wenn wir doch schon mal da sind“. Der Dempster Highway ist nicht geteert. Er führt über traditionelles Land der First Nations und der Inuvialuit, die auf und von dem Land schon immer gelebt haben. Ca. alle 200 km befindet sich ein Örtchen. Wir sind abenteuerlich gespannt und melden uns brav bei der Familie für ca. 1 Woche ab.

Das Wetter ist uns gewogen. Schon morgens scheint die Sonne. Am Anfang gibt es noch einige Autos, dann wird es leer und gravelig. Unsere Durchschnitts-Geschwindigkeit beträgt 58 km/h. Na, da brauchen wir ja wirklich Tage bis ans Ende. Wir fahren täglich ca. 220 km und winken jedem entgegenkommenden Auto und LKW.

Bei Gegenverkehr fahren wir ganz an den Rand und verlangsamen die Fahrt deutlich. Eine kaputte Windschutzscheibe mitten im Nirgendwo wäre echt blöd. Auch um unsere Reifen machen wir uns Sorgen. Einen Ersatzreifen haben wir an Bord, zwei werden empfohlen.

Durch die Regenschauer wird die Straße zu Schmierseife. Die Sonne trocknet sie allerdings erstaunlich schnell wieder ab.

Die Landschaft ist abwechslungsreich. Berge und Weitsicht, Taiga (Krüppelwald) und dann die Tundra in Herbstkleidern. Wir berauschen uns an den Farben.

Taiga
Tundra

3 Nächte stehen wir im Off und genießen die Stille und die Abendstimmung.

Wir überqueren den Artic Circle, also den Polarkreis und sind jetzt in der Arktis.

Über ein Regierungsprogramm werden entlang der ganzen 880 km Straße Leer-Rohre für Glasfaser (schnelles Internet) verlegt; Für ca. 5000 Leute 880 km Kabel! Respekt!!!

Am 3. Tag kommen wir nach Inuvik, Heimat der Inuvialuit und der größten kanadischen Gemeinde oberhalb des Polarkreises mit 3300 Einwohnern. Inuvik liegt am Mackenzie Delta, dem 7größten Flussdelta der Welt!

Die Häuser stehen auf Stelzen (hier in Tuktoyaktuk), auch die Wasser- und Heizungsversorgung laufen oberirdisch – aufgrund des Permafrostes.

Von dort machen wir uns die letzten 147 km im Nebel auf nach Tuktoyaktuk, Northern Territory. Dieses Örtchen direkt am Polarmeer ist der einzige Ort Kanadas am Polarmeer, der per Straße erreicht werden kann. Und das erst seit 2017. Wir brauchen fast 5 Stunden auf schmierseifiger Straße. Wir stehen direkt am Meeres-Ufer und freuen uns, als die Abendsonne erscheint.

Am Polarmeer

Allerdings haben wir das erste Mal das Gefühl uneingeladen bei Menschen im Wohnzimmer zu sitzen, die uns eigentlich nicht sehen wollen. Wir sind betroffen. Haben wir wirklich jegliches Recht hinzufahren, wohin wir wollen? Haben wir ein Grundrecht auf „Polarmeer“ sehen? –

In Tuktoyaktuk, Northern Territories

Haben wir nicht und wir machen uns auf den Weg zurück. Die Pintos (kleine Hügel mit Eiskern) schauen wir uns aber noch an.

Pintos bei Tuktoyaktuk

Berge aller Formen begleiten unseren Rückweg. Rund und gelbgrün, darunter schwarzes Geröll.

Sieht aus wie Schnee, ist aber Schotter (?)

Schwarz und kaum bewachsen. Gefühlt könnten sie bei der kleinsten Berührung ins Rutschen kommen.

Schroff und steil

Zerklüftet und felsig.

Nach fast 1800 km sind wir wieder in Dawson City. Wir sind beglückt über die erlebnisreiche Woche und die vielen tollen Bilder. Wir können uns kaum entscheiden, welche die schönsten sind. 1 Tag Pause für Hausarbeit: Wäschewaschen, Auto putzen, Vorräte auffüllen.

Die Linie nach oben war die Fahrt ans Polarmeer. Jetzt geht es in wärmere Gefilde. Denn hier ist deutlich der Herbst eingetroffen. Es regnet immer wieder. Die Temperaturen sind so um die 10° C, wenn die Sonne nicht scheint. – Wir fahren nach Süden über den Stewart Cassiar Highway in die kanadischen Rocky Mountains.

1 Kommentar

  1. Jürgen

    Guten Morgen Ihr Lieben.
    Vielen Dank für Euren Reisebericht, wunderschöne Bilder erreichen uns ???. Wir freuen uns schon auf die nächsten, bleibt Gesund, liebe Grüße, Kathrin und Jürgen ?.

    Antworten

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